Die Kartause gehört gefühlt zu Gensungen wie der Deckel zum Topf. Aber es bleibt auch ein „Geschmäckle“, wie man im Süden sagt. Die Pächter des Mittelhofs, um 1800 nannten sie sich gar„Conduktoren“, legten zu allen Zeiten Wert darauf, sich größtmögliche Unabhängigkeit und Eigenverwaltungsrechte unter Einbezug der Kartause zu sichern. Zwar gibt es schon lange keinen eigenen Verwaltungsbezirk Mittelhof/Kartause mehr, aber einen Domänen- und Jagdbezirk. Das führt zu Erscheinungen wie in der Frühzeit der deutschen Teilung, entlang der ehem. Zonengrenze. Straßensperren mit Schlagbäumen, Wallanlagen und einer Dichte an Hoch- und Ansitzen die ihresgleichen sucht. Trotzdem zieht es immer wieder Menschen zu diesen „Lost Places“. Es ist einerseits die Magie die von Ruinen ausgeht aber auch ganz profan der Naturgenuss in schöner Landschaft mit Blick ins Edertal.
Es ist in diesem Buch nicht angezeigt die vielfältige Geschichte des ehemaligen Klosters und die nicht weniger interessante des Jagschlosses und Vorwerks Kartause darzustellen, hierzu sei auf die Fachliteratur verwiesen. Einige Wegmarken und Daten sollen aber genannt werden.
Im Jahre 1219 wurde das Stift Eppenberg von Propst Arnold vom Kloster Ahnaberg bei Kassel eingerichtet und 1223 in päpstlichen Schutz genommen. Es war ein Nonnenkloster der Praemonstratenser benannt nach dem Mutterhaus des Ordens im französischen Prèmontrè. Der weibliche Zweig der Praemonstratenser bestand aus Chorfrauen, Professen, Novizinnen, Konversen und Ausgehschwestern. Die Devise des Ordens lautete: „Ad omne opus bonum paratus“. Diese Losung geht zurück auf den 2. Timotheusbrief 3,17, “Der Mensch Gottes sei vollkommen und zu jedem guten Werke völlig gerüstet“.
Die Losung blieb aber ein frommer Wunsch.
Papst Eugen IV verkündete 1438 die Aufhebung des Klosters, da es zu unhaltbaren Zuständen, ausgelöst durch liederlichen Lebenswandel der Chorfrauen, gekommen sei.
Im Anschluss wurde das Stift in ein Kartäuserkloster umgewandelt. Die Mönche führten ein strenges Leben und bauten die Anlagen nach ihren Ordensregeln um. Seither wird die Anlage, bis heute, nur als „Kartause“ bezeichnet. Im Zuge der von Landgraf Philipp verfügten Reformation in Hessen 1527 wurde das Kloster aufgelöst und ging in landgräflichen Besitz über. Die Anlage diente als Jagdschloss und Wirtschaftshof, insbesondere der Schafhaltung. 1866, mit der Auflösung Kurhessens, wurde der Hof zusammen mit dem Mittelhof zur Staatsdomäne unter preußischer Verwaltung. Verwaltungssitz war Berlin. Heute unter Verwaltung des Landes Hessen.
1957 löste ein Blitzschlag den endgültigen Untergang der Hofanlage aus. Die Gebäude brannten großenteils nieder und wurden nicht wiederaufgebaut. Heute stehen die ehemalige Klosterkirche und Teile der Außenmauern noch als Ruine. Im ehemaligen Torhaus des Klosters entstand ein sehenswertes Bienenkundezentrum. Seit 1988 sind die Ruinen und das Gelände um die Kartause unter Naturschutz gestellt.
Quelle: Das alte Gensungen – Häuser erzählen Geschichte – Rolf Fröhlich/Heinz Körner