Quelle: Hans Poth
Wer hier oben saß, beherrschte das Edertal. Mit dem markanten Butterfassturm, in 200 Meter Höhe erbaut, gilt sie als eines der populärsten Baudenkmäler in der Region: die Felsburg. Während regionalhistorische Fakten durchaus bekannt sind, weiß man relativ wenig, wer auf der Felsburg lebte und wie sich der Alltag gestaltete.
Material und Baustil verraten, dass die Burg nicht in einer einzigen Epoche errichtet wurde, sondern die dort lebenden Menschen je nach Bedarf die Anlage in ihrer Wohn- und Wehrfunktion umgestalteten oder ergänzten.
Gründung der Burg durch die Grafen von Felsberg
Ausgrabungen bei der letzten Sanierung (1989-2005), Untersuchungen von Bauholz sowie Urkunden, die sich im Staatsarchiv Marburg befinden, belegen, dass die Burg gegen Ende des 11. Jahrhunderts durch die Grafen von Felsberg erbaut wurde. Aus der Meginhersippe entwickelte sich ein Geschlecht, das die kleinräumliche Entwicklung im Edertal prägte. Bis Mitte des 13. Jahrhunderts gehörten sie als Angehörige des Niederadels zu den Vasallen der Thüringer Landgrafen. Bewohnt wurde die Burg von der Herrenfamilie, die man im engeren Kreis mit 5-8 Personen und bei weiteren Familienangehörigen mit 10- 15 Personen annehmen muss.
Im Kriegsfall gab es Gedränge auf engstem Raum. Zogen feindliche Heere durch das Edertal, dann bot die Burg auch für die leibeigenen Bauern und deren Familien Schutz. Die Bauern erhielten Waffen und halfen bei der Abwehr der Feinde. Allerdings durften nicht zu viele Menschen aufgenommen werden, schließlich sollten eingelagerte Vorräte für einen längeren Zeitraum ausreichen.
Der Alltag auf der Burg bestand, fern aller romantischer Vorstellungen, weniger aus herrscherlicher Repräsentation, sondern im Zeichen der Eigenwirtschaft. Neben Steuereinnahmen von den örtlichen Bauern bestritten die Grafen von Felsberg von ihrer Burg aus - als einem befestigten Betrieb- ihren Lebensunterhalt. Anliegen der Land- und Waldwirtschaft, Fischerei und Tierhaltung bestimmten den Lebensinhalt der Bewohner von Kleinburgen nach neuen Erkenntnissen der Historiker mehr als Kriege. Wie Urkunden belegen war die Felsburg auch administrativer Mittelpunkt: hier wurden Verträge geschlossen, Recht gesprochen oder Lehen erteilt.
Die Felsburg in hessischem Besitz
Gegen Ende des 13. Jahrhunderts starben die Felsberger Grafen schließlich aus, und als Ergebnis des hessisch-thüringischen Erbfolgekrieges fielen Burg und Stadt an die Landgrafen von Hessen.
Zu diesem Zeitpunkt besaß die Felsburg längst nicht die Ausmaße von heute. Vorburg und Kernburg, Kapelle, Wohn- und Wirtschaftsbereich, Schutzmauern mit Wehrgängen sowie der untere Teil des Bergfrieds waren die ersten Bauteile, die bei felsigem Untergrund auf aufgefülltem Sand errichtet wurden. Die Fenster waren meist klein und zugig, die Mauern dick und die Räume düster.
Zu Wachdiensten und zur Verteidigung der Burg banden die Landgrafen von Hessen Burgmannen an sich. Diese konnten direkt auf der Burg oder am Fuße des Burgberges wohnen, hatten ein geregeltes Einkommen, steuerliche Vorteile sowie Privilegien bei der Jagd. Kam der Landgraf auf die Felsburg, musste sie dem Aufenthalt angemessen- hergerichtet sein.
Durch eine zunehmende politisch-strategische Bedeutung bei dem Konflikt zwischen der Landgrafschaft Hessen und dem Kurfürstentum Mainz wurde die Burg militärisch aufgerüstet. Zwischen 1330-1389 folgten der Bau des Zwingers, die stärkere Befestigung des Eingangsportals sowie der Aufbau des zweiten Turmteiles. Den Zeitläufen entsprechend sollte das gesamte Anwesen zu einem Symbol der Macht werden und auf den Gegner angst einflößend wirken Die hierfür nötigen Fachleute stammten aus der Stadt oder waren Wanderhandwerker. Bemerkenswert: Rechnungen von Reparaturarbeiten bezeugen die Existenz von Glasfensterscheiben und von Kachelöfen. Hier mag sich die Raumausstattung vom Schloss Marburg bis auf das Land ausgewirkt haben.
Ab Anfang des 17. Jahrhunderts unbewohnt
Der Personalbestand der landgräflichen Burg geht aus einer Urkunde von 1461 hervor. Danach gab es einen Koch, einen Bäcker, einen Küchenjungen, der Pförtner, der Eselstreiber, einen Böttner sowie die beiden Mägde Trine und Else, einen Kuhhirten und einen Schreiber. Dieser spärliche Personalbestand mag eine zurückgehende Bedeutung verraten. Als vorübergehender Wohnsitz für Landgräfin Anna, der Mutter Philipps des Großmütigen, wird die Burg noch einmal in das Zentrum politischen Geschehens gerückt. Es ist die Zeit, in der ihr Sohn noch nicht regierungsfähig ist, und der hessische Adel ihr die Herrschaft über die Landgrafschaft Hessen streitig macht.
Die Burg war nach Auswertung von Ausgrabungserkenntnissen bis zum Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges bewohnt. Allerdings soll bereits 1603 eine größere Explosion am Ofen des Pallas einen massiven Schaden am Gebäude angerichtet haben, sodass ein Wiederaufbau in den Kriegswirren nicht mehr möglich war. Erst im Siebenjährigen Krieg 1762 wurde die Burg noch einmal ausgebaut. Dabei bekam sie festungsähnlichen Status und stand im Mittelpunkt kriegerischer Auseinandersetzungen. Zahlreiche Franzosen und Hessen umkämpften die Burg. Intensiver Beschuss führte schließlich zu der heutigen Burgruine mit ihrer charakteristischen Umrissform.